Kulisse: Erzberg. Man feiert 1300 Jahre Erzabbau an jenem pyramidenähnlichen Berg, der einst Steirischer Brotlaib genannt wurde und früher Tausenden Menschen Arbeit gab. Auch heute noch werden hier jährlich mehr als zwei Millionen Tonnen Erz gewonnen, mithilfe gigantischer Baumaschinen.
(Fotos: © Siegfried Gallhofer)
Und genau diese Maschinen waren am 22. September die Hauptprotagonisten einer Performance, die Lawine Torrèn für diesen Anlass entwickelt hat. Es beginnt mit fünf TänzerInnen in einem stilisierten Zen-Garten, ein Hauly bringt die drei exzentrisch gekleideten Schwestern der Band Sawoff Shotgun zu ihrer Bühne, dem Dach einer Garage am Rande des Geländes. Zu einem eingespielten Tondokument von John Cage klettern die TänzerInnen auf metallene Stromkästen. Von hier aus scheinen sie sich einen Überblick über das Geschehen zu verschaffen und es in anmutigen, zum Teil archaisch wirkenden Bewegungen zu dirigieren.
(Fotos: © Siegfried Gallhofer)
Dann tauchen die riesenhaften Muldenkipper auf, hintereinander auf präzisen, wohlgeordneten Bahnen das Gelände durchkreuzend, dazwischen die zerbrechlich wirkenden Menschengestalten, die eindringlich die Größenverhältnisse zwischen Mensch, Berg und Maschine sichtbar machen.
Plötzlich bebt der Boden, der Knall der ersten Sprengung, und immer mehr Maschinen im Defilé bzw. im zur Schau gestellten Arbeitseinsatz: Radlader, verschiedene Bagger, ein Untertage-Fahrschaufellader, Teleskop-Steiger, Raddozer, Bohrmaschinen, ein Motorgrader, Wasserwagen, Schubraupe und Straßenwalze… 26 Fahrzeuge formieren sich, beweisen ihre Wendigkeit, graben, walzen, röhren, und mittendrin die TänzerInnen, zuweilen in bedrohlich wirkender Nähe.
Als Intermezzo der Durchmarsch der Bergmusikkapelle, dann wieder Sawoff Shotgun live, doch immer wieder übertönt von den Sounds der Motoren und anderen Arbeitsgeräuschen, etwa wenn die fünf Muldenkipper sich nebeneinander aufstellen und einer nach dem anderen riesige Gesteinsbrocken entlädt.
(Fotos: © Siegfried Gallhofer)
Die mehr als 3000 Festgäste verfolgen das Geschehen aus unmittelbarer Nähe, sie lebten förmlich mit bei diesem Tanz des Menschen mit den monströsen Maschinen und dem Erzberg selbst. Dieser steuerte zu dem Ganzen das eindrucksvolle, in jahrhundertelanger Arbeit entstandene Bühnenbild bei. Das Wetter spielte perfekt mit, der Berg zeigte sich zeitweilig in seinen herrlichsten Farben, das Publikum bedankte sich nach der halbstündigen Performance mit frenetischem Applaus.
(Fotos: © Siegfried Gallhofer)
Regisseur Hubert Lepka schildert seine Choreograhie so:
„So groß der Unterschied zwischen den kleinen Menschen als Darstellern und den riesigen Bergbaumaschinen auch sein mag: Vor der Kulisse Erzberg errichteten die Menschen und die unbelebte Natur gemeinsam eine musikalische Skulptur. Die Knappenkapelle Eisenerz, die drei Schwestern Band SAWOFF SHOTGUN, an die dreißig Maschinen und Sprengungen der VA Erzberg, sowie fünf Tänzer von Lawine Torrèn schufen ein Fest der Sinne: GANGART.
Während riesigste Muldenkipper achtsam um zarte Menschenbeine tanzten, begab sich der Schall der Detonationen oben am Berg bereits auf seine Reise. Nach fünf Sekunden traf er beim Publikum ein, mischte sich mit dem Röhren der 1200 PS-Motoren und verebbte zwischen zarter, pulsierender Perkussion.â€
(Fotos: © Magdalena Lepka)