Der Charme von 35mm und Gitarrensound

Mehr als 30 Jahre Dornröschenschlaf haben jenem Gebäude, das ca. 1910 als Vergnügungssaal zum „Gasthof zum Kaiser von Österreich“ errichtet und später, in den 1940- und 1950er Jahren als Kino genutzt wurde, arg zugesetzt: Der Putz bröckelt gehörig, die große Fensterfront ist vielfach eingeschlagen, Teile der Zwischendecke haben sich abgelöst, die Galerie darf aus Sicherheitsgründen ...  Zum Nachbericht

PANORAMA 2011: Film + Musik

12. August 2011, 18.30 Uhr
Alter Tanzsaal

Freitag, 12. August 2011  18.30 Uhr | Eintritt frei

Bergmannplatz 3, Eisenerz (ehemaliger Tanzsaal des Gasthofs „Zum Kaiser von Österreich“, späteres Kino)

1994 drehte Willi Hengstler in Eisenerz den Spielfilm „Tief oben“ mit dem Erzberg als Schauplatz und den Eisenblüten als zentralem Thema. Der Film, an dem u.a. Barbara Steele, Peter Simonischek, Gerhard Balluch und der blutjunge Hans Platzgumer mitwirkten, verknüpft Horror mit Heimat und mit romantischer Ironie. Gleich beim Start sagenhaft verrissen und in der Folge kaum gespielt, hat sich „Tief oben“ dennoch eine geheime Fangemeinde erobert.

Hans Platzgumer, Musiker, Komponist, Produzent und Schriftsteller, der mit zahlreichen Bands Musikgeschichte schrieb und international reussierte, spielte als junger Musiker eine der Hauptrollen in „Tief oben“ und steuerte mit seiner damaligen Band HP Zinker die Filmmusik bei. Im Stil seiner Nachfolgeband Convertible gibt er, begleitet von Schlagzeuger Tom Wu und Visual Artist Georg Gaigl, ein lyrisches multimediales Live-Konzert.

 

PROGRAMM IM DETAIL

18.30 Uhr   Film „Tief oben“ (AUT 1995, 35mm, 90 min., Regie: Wilhelm Hengstler)

Willi Hengstler verstand es in seinem 1994-95 realisierten Werk „Tief oben“ das Genre des Horrorfilms mit jenem des Heimatfilms zu verknüpfen. Der Film folgt dem Konzept der romantischen Ironie; der Regisseur selbst bezeichnet den Film als politisch durch und durch inkorrekt. „Tief oben“ lehnt sich an das Charakteristikum des Drehorts an und greift mit dem Eisenblütenkästchen eine Eisenerzer Tradition thematisch auf. Die Filmhandlung, die parallel im 16. und im späten 20. Jahrhundert spielt, entfaltet sich im Ambiente des Heimatfilms, kontrastiert von Szenen, die auch ohne blutige Riten subtilen Horror zelebrieren. Die Klammer für die beiden Parallelwelten bildet eine Handlung, die sich am Unterhaltungskino orientiert – mit einer Liebesgeschichte, Musik und Stars.

Synopsis: Junge Männer begaben sich im 16. Jahrhundert in höchste Gefahr, um in einem Stollen des steirischen Erzberges nach den geheimnisvollen Eisenblüten für ihre Geliebten zu suchen. Einige von ihnen kehrten nicht mehr zurück. Im 20. Jahrhundert versucht die Studentin Barbara dieser Sage ihres Heimatortes vom Gasteiger nachzugehen, und stößt dabei bald auf Widerstand. Involviert ist auch ihr Jugendfreund Hans (gespielt von Hans Platzgumer), ein erfolgloser Musiker, der rätselhaft plötzlich zum Topmusiker wird.

Wilhelm Hengstler, geboren 1944, Studium der Rechtswissenschaften, Schriftsteller und Regisseur, lebt in Graz. Realisierte bereits 1984 zur Landesausstellung in Eisenerz den Dokumentarfilm „Auf Erz gebaut“.
20.00 Uhr Künstlergespräch

Ilse Amenitsch, Kulturredakteurin des ORF Steiermark, wird in einem Künstlergespräch eruieren, wie Willi Hengstler, Hans Platzgumer und andere aus der Filmcrew seinerzeit die Dreharbeiten erlebten, wie sich die Zusammenarbeit mit den Statisten gestaltete, wie ihr Blick auf Eisenerz damals war und heute ist.

Wir hoffen mit unserer Einladung möglichst viele Beteiligte und auch die Eisenerzer Statisten zu erreichen. Wernfried Natter, Produktionsleiter, der fast 15 Jahre nach „Tief oben“ auch am „Besuch der alten Dame“ mitwirkte, hat sein Kommen bereits zugesagt.


20.30 Uhr
Multimediales Live-Konzert

Convertible

(Hans Platzgumer: Gitarre, Gesang | Tom Wu: Schlagzeug | Georg Gaigl: Visuals)

Hans Platzgumer gilt als Chamäleon der österreichischen Musikszene. Geboren 1969 in Innsbruck, ließ Platzgumer schon in jungen Jahren durch Begabungen und Aktivitäten außer der Norm aufhorchen. Er spielte in Punkbands und brachte mit 17 das Audio-Manifest „Tod der CD!“ als erstes Statement heraus – heute ein gesuchtes Sammlerstück. 1989 gründete er zusammen mit Frank Pümpel die legendäre Band HP Zinker, im selben Jahr erfolgte der Sprung nach New York, wo er mit Szenegrößen wie Sonic Youth, Lemonheads oder Helmet auf der Bühne stand. Nach einem Abstecher nach Los Angeles, wo er klassische Movie-Scores und symphonische Orchestrierung studierte, führte ihn sein Weg 1995 zurück nach Europa. Von Hamburg aus tourte er mit der Punkband Goldene Zitronen, befasste sich daneben intensiv mit dem experimentell-elektronischen Bereich, produzierte u.a. ein Album für Tocotronic, lieferte Film-Scores und Hörspiele und schrieb nebenbei auch noch Bücher. 2004 vollzog Platzgumer die Rückkehr zur elektrifizierten Gitarre und gründete Convertible, eine Alternative-Accoustic-Rock-Band, die an Bob Dylan, Radiohead, The Beatles und natürlich an H.P Zinker erinnert.

Platzgumer, der über 1000 Auftritte hinter sich gebracht hat, gilt wegen seiner Vielseitigkeit als Pionier und Kultfigur, Popstar wurde er nie. Das aktuelle Convertible-Album – ALH84001 – ist nach einer Gesteinsformation vom Mars benannt.  Nach Eisenerz kehrt er das erste Mal seit den Dreharbeiten 1994 zurück.

 

DER ORT

Das ca. 1905 als „Vergnügungssaal“ des Gasthofs „Zum Kaiser von Österreich“ errichtete, später als Kino und zuletzt als Möbelhaus genutzte, nun seit vielen Jahren leer stehende Gebäude wird mit dieser Veranstaltung erstmals stimmig wiederbelebt – ein Umstand, der den Grundsätzen der eisenerZ*ART Programmierung entspricht, nämlich leer stehende Räumlichkeiten zu bespielen und damit Chancen auf neue Nutzungen zu eröffnen.

 

_____________________________________________________________________________

Eine Veranstaltung von GIL art.infection in Kooperation mit der Stadtgemeinde Eisenerz.

Durchgeführt mit freundlicher Unterstützung von:

Land Steiermark Kultur | Land Steiermark Volkskultur | BMUKK | BTE | Typographik  | Asamer

 

Künstlerische Leitung: Gerhild Illmaier | Produktion: GIL art.infection | Grafikdesign: Nicole Zaiser | Tontechnik: XeisSound | Filmprojektion: Steirische Filmaktion | Video-Dokumentation: Jona Hoier | Fotografie: Siegfried Gallhofer | Fotos Titelbild: Max Wegscheidler, Alfons Stummer, Georg Gaigl